Ostförderung neu gründen
Dienstag, 24. April 2007 01:21
Alter: 17 Jahre
Kategorie: Deutschland/DDR-Forschung
Frankfurter Rundschau, Dienstag, 24. April 2007 1 Nr. 95 1 S/R/H/D
Zu: MINSTER TIEFEN SEE VERTEIDIGT OSTFÖRDERUNG (FR POLITIK VOM 10.APRIL)
Ostförderung neu gründen
In seinen Veröffentlichungen verweist Minister Tiefensee auf die hohe Arbeitslosigkeit im Osten. Die Ost-Ministerpräsidenten warnen davon die Vereinbarung zum Solidarpakt II aufzuweichen (FR Politik vom 11. April). Der Pakt sei, so der brandenburgische Ministerpräsident Platzeck, Ergebnis einer Bedarfsanalyse. Diese „Analyse” war jedoch viel zu eng angelegt, weitgehend bestimmt vom wenig aussagefähigen Indikator „Arbeitslosenquote, insgesamt”. Die Erwerbsorientierung ostdeutscher Frauen ist weiterhin hoch. Im Westen nähert sich die Erwerbsquote der Frauen nur langsam der Männerquote an (2004: 64,5 Prozent zu 80,4 Prozent). Der Abstand ist im Osten mit 5,5 Prozent (2004: 73,4 Prozent zu 79,9 Prozent) deutlich geringer. Die Erwerbsquote (Erwerbstätigenquote plus Erwerbslosenquote) ostdeutscher Frauen lag also um fast neun Prozentpunkte über der im Werten (73,4 Prozent zu 64,5 Prozent). Das liegt u. a. an der hohen Erwerbslosenquote der Ost-Frauen (15 Prozent) im Verhältnis zu der der West-Frauen (5,6 Prozent). Die Vollzeiterwerbsorientierung ostdeutscher Frauen ist weiterhin ungebrochen, während sie im Westen eher in die stille Reserve ausweichen. Die Teilzeitquote ostdeutscher Frauen stieg zwar an (1991: 12 Prozent auf 2004: 38,1), liegt aber weiterhin unter der im Westen (51,1). Zudem beträgt im Osten der Umfang ihrer Teilzeitarbeit fast zwei Drittel einer Vollzeitstelle im Westen nur halbe Vollzeitstelle). Insgesamt liegt der Frauenanteil am Arbeitsvolumen in Ostdeutschland daher höher (Ost: 45,7 Prozent; West: 39,9). Fazit: „Hohe Arbeitslosenzahlen” sind wegen der aufgezeigten unterschiedlichen Erwerbsquoten, Erwerbslosenquoten und Arbeitsvolumina für einen innerdeutschen Vergleich als Verteilungsindikator untauglich. Eine Lenkung der Förderströme in Deutschland (u. a. Aufbau Ost) über diesen Indikator ist irreführend und ungerecht. Er führt innerdeutsch zu einer Fehlverteilung knapper Haushaltsmittel, muss daher um zusätzliche Indikatoren ergänzt werden. Daher - nicht nur an den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck gewandt -‚ eine neue Bedarfsanalyse mit zusätzlichen Indikatoren muss her.
MANFRED SCHWERES, DUISBURG-RHEINHAUSEN
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